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Künstliche Intelligenz (KI, Artificial Intelligence, AI)

Juli 25, 2022 | Techartikel | Autor: Michael Schöffel

It’s going to be interesting to see how society deals with artificial intelligence, but it will definitely be cool.“ – Colin Angle (CEO | iRobot)

Künstliche Intelligenz ist ein Begriff für technische Anwendungen, welche das „menschliche“ Entscheidungsverhalten, wie das Lernen, das Urteilen und das Lösen von Problemen imitieren. Nach diesem Artikel wissen Sie, welche unterschiedlichen KI-Arten und Funktionsweisen existieren, in welchen Bereichen diese heutzutage bereits angewandt werden und wieso die Faszination für dieses Teilgebiet der Informatik ungebrochen ist.

Die Künstliche Intelligenz oder auch Artificial Intelligence ist ein Teilbereich der Informatik und umfasst das maschinelle Lernen (Machine Learning) sowie Deep Learning, welches wiederum ein Teilbereich des maschinellen Lernens ist. Da selbst der Begriff „Intelligenz“ keine allgemeingültige Definition hat, existiert im Umkehrschluss auch keine Definition für die Künstliche Intelligenz, dennoch können wir die Künstliche Intelligenz von anderen Begriffen, die in häufigen Fällen als Synonyme verwendet werden, abgrenzen.

INHALTSVERZEICHNIS

1. KÜNSTLICHE INTELLIGENZ VS. MASCHINELLES LERNEN VS. DEEP LEARNING (KI vs. ML vs. DL)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (ARTIFICIAL INTELLIGENCE)
Zu Künstliche Intelligenz zählen jegliche Computersysteme, die ihre Umwelt analysieren und mit einem gewissen Grad an Eigenständigkeit darauf reagieren.

BEISPIEL
Eine einfache Wetterstation erhält Eingabedaten verschiedener Sensoren und leitet mit einem gewissen Grad an Eigenständigkeit aus den erhaltenen Daten das aktuelle Wetter ab.

MASCHINELLES LERNEN (MACHINE LEARNING)
Das maschinelle Lernen ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz. Beim maschinellen Lernen werden Algorithmen eingesetzt, welche anhand von Trainingsdaten versuchen Muster und Verbindungen in diesen zu erkennen.

BEISPIEL
Das Gruppieren und Kategorisieren von Daten mit Hilfe einfacher Algorithmen, Logischen Funktionen oder Entscheidungsbäumen.
DEEP LEARNING
Das Deep Learning ist wiederum ein Teilbereich des maschinellen Lernens. Es setzt zu den Algorithmen des maschinellen Lernens sogenannte künstliche neuronale Netze ein. Hierunter fällt fast jede KI, die aktuell produktiv genutzt wird.
BEISPIEL
Sprachassistenten, wie Alexa, Siri, Cortana und Google Assistant oder Bilderkennungssoftware.

Abbildung: KI vs. ML vs. DL-Onion

Wir wissen nun: die Künstliche Intelligenz ist ein Überbegriff für maschinelles Lernen und Deep Learning wiederum ein Typ des maschinellen Lernens.

2. DIE 3 ARTEN DER KÜNSTLICHEN INTELLIGENZ: WELCHES LEVEL HAT EINE KI?

KI ist nicht gleich KI! Grundsätzlich kann Künstliche Intelligenz daher in Arten und Typen eingeteilt werden. Es gibt insgesamt drei verschiedene Arten von KI. Grob lassen sich diese drei Arten als „Level“ von KI ansehen.

Abbildung: KI-Pyramide

SCHWACHE KI (WEAK/NARROW AI)

 

Dies ist die simpelste KI. Sie kann lediglich Aufgaben lösen für diese sie entworfen und trainiert wurde.
Beispiel: Eine KI kann aus einem Bild Text extrahieren, aber selbst kein Bild anhand eines vorgegebenen Textes malen. Weitere Beispiele wären Zeichen- bzw. Texterkennung, Navigationssysteme, Spracherkennung oder Werbung.

STARKE KI (STRONG/GENERAL AI)

 

Diese Art an KI kann verschiedene Aufgaben bewältigen und Wissen auf neue Gebiete übertragen, für diese sie nicht trainiert und entworfen wurde. Beispielsweise kann eine KI, welche für das Extrahieren von Text aus deinem Bild entworfen wurde, ohne Trainingsaufwand auch Text aus einem Video extrahieren. Dieses „Level“ hat KI heute noch nicht erreicht. Aber hierfür spielen die im nächsten Tech Artikel vorgestellten künstlichen neuronalen Netze eine entscheidende Rolle.

SUPER KI (SUPER AI)

 

Auf dieser Stufe kann sich die künstliche Intelligenz dann selbst verbessern. Sie würde sich selbst Werte und Ziele setzen und diese an verschiedene Situationen und Umgebungen anpassen. Ob diese KI dann auch grundlegend ein Bewusstsein besitzt, ist noch Diskussionsgegenstand in der Forschung. Eine solche KI würde definitiv einen enormen Einfluss auf den aktuellen Alltag besitzen.
Abschließend zu den Arten lässt sich sagen, dass aktuelle künstliche Intelligenz sich lediglich auf dem Level der schwachen KI befindet. Es gibt jedoch eine erhebliche Anzahl an Forschungsprojekten, welche versuchen eine starke KI zu entwickeln.

3. FUNKTIONSWEISE KÜNSTLICHER INTELLIGENZ: DIE 4 VERSCHIEDENEN KI-TYPEN

Neben den Arten der KI gibt es noch vier unterschiedliche Typen. Hierbei unterscheidet man grob die „Funktionalität“ der KI.

Abbildung: Die 4 KI-Typen

REAKTIVE MASCHINEN (REACTIVE MACHINES)

 

Diese künstliche Intelligenz besitzt keinen Speicher und kann lediglich Aufgaben bewältigen für diese sie entworfen wurde. Hierzu zählt der Schachcomputer IBM Deep Blue. Dieser konnte alle möglichen Züge berechnen und den besten ausführen. Aber andere Aufgaben konnte Deep Blue nicht bewerkstelligen.

BEGRENZTER SPEICHERPLATZ (LIMITED MEMORY)

 

Diese KI besitzt zusätzlich einen Speicher und kann so aus vergangen Geschehnissen lernen und diese in aktuelle Entscheidungen mit einfließen lassen. Hierzu zählen beispielsweise selbstfahrende Autos.

THEORIE DES GEISTES (THEORY OF MIND)

 

Das Ganze klingt sehr abstrakt. Was effektiv dahinter steckt ist, dass die KI hierbei dann in der Lage sein wird die emotionale Komponente von Lebewesen zu verstehen. KI dieses Typs könnte man schon zu der Art der starken KI zählen.

SELBSTWAHRNEHMUNG (SELF AWARENESS)

 

Das ist der fortgeschrittenste Typ an KI. Diese besitzt ein einen Sinn für sich selbst und kommt dem menschlichen Bewusstsein am nächsten. Sie wird in der Lage sein, menschliche Emotionen, Absichten und Reaktionen nachzuvollziehen und danach zu handeln.
Unser aktueller Stand von KI ist der, der Typ des begrenzten Speichers.

4. EINSATZGEBIETE DER KÜNSTLICHEN INTELLIGENZ

Im Folgenden bieten wir einen kurzen Überblick über Bereiche, in welchen aktuell künstliche Intelligenz eingesetzt wird bzw. in naher Zukunft eingesetzt werden kann.
  • Automatisierung: Hierbei geht es primär um die Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen und Arbeitsabläufen.
  • Sicherheit: Verbesserung der Sicherheit sowohl in der Exekutive durch Analysen oder Profiling als auch der Sicherheit von IT-Systemen mittels Intrusion Detection Sytemen oder Frühwarnsystemen.
  • Maschinelles Sehen: Beispielsweise zur Erkennung von Text in Bildern oder dem Clustern von Bildern.
  • Verarbeitung natürlicher Sprache: Spracherkennung, wie Alexa, Siri, Cortana oder der Google Assistant.
  • Robotik: Zur Steuerung von Robotern jeglicher Art, wie Industrieroboter am Fließband aber auch beispielsweise Saugroboter im Haushalt.
  • Selbstfahrende Autos: Autopiloten sowie Assistenzsysteme.
  • Finanzen: Risikomanagement, Berechnung und Prognose von finanziellen Produkten und Märkten.
  • Expertensysteme: Für Systeme, die Entscheidungen vereinfachen sollen.
  • Medizin: Erkennung und Diagnose von Krankheiten oder der Erforschung von Wirkstoffen.

5. MEILENSTEINE DER ENTWICKLUNG KÜNSTLICHER INTELLIGENZ

Um die Entwicklung von künstlicher Intelligenz über die letzten Jahre und Jahrzehnte zu verdeutlichen, bieten wir einen kleinen Überblick über die faszinierendsten Highlights:

ELIZA (1966)

 

Ein erster Meilenstein stellt ELIZA, entwickelt von Joseph Weizenbaum 1966, dar. Diese Software kann als der erste Chatbot angesehen werden. Via Skripte konnte ELIZA verschiedene Gesprächspartner simulieren. Am bekanntesten ist die Simulation eines Psychotherapeuten. Die KI dahinter war jedoch lediglich eine Art Entscheidungsbaum in Kombination mit einem Wörterbuch. Somit konnte ein Nutzer sehr schnell erkennen, dass es sich um ein Programm handelt mit dem geschrieben wird und nicht um eine reale Person.

IBM DEEP BLUE (1997)

 

Der nächste große Meilenstein ist Deep Blue, einem von IBM entwickelten Schachcomputer. 1997 gelang es diesem den amtierenden Schachweltmeister, Garry Kasparov, in einem Wettkampf zu schlagen. Diese KI war jedoch größtenteils nur eine enorme Rechenleistung gepaart mit einer Parametermatrix, welche aus tausenden Meisterpartien analysiert wurde. So berechnete der Computer im Durchschnitt 126 Millionen Stellungen pro Sekunde und bewertete diese anhand der Parametermatrix. Daraus wählte der Computer dann die beste Stellung aus und lieferte diese als nächsten Zug.

DEEPMIND ALPHA GO (2015)

 

Ein eher aktuellerer Meilenstein ist Alpha Go. 2016 stellte die KI-Forschungs- und Entwicklungsfirma DeepMind ihre KI Alpha Go in einem großen Medienevent der Herausforderung, den amtierenden Weltmeister in Go zu besiegen. Alpha Go verlor dabei nur eine Partie und gewann letztendlich 3 zu 1. Hier wurde die Architektur deutlich interessanter. Alpha Go setzt nicht nur einen einfachen Algorithmus oder Entscheidungsbaum ein, sondern besteht aus drei verschiedenen und miteinander verknüpften Komponenten.
– Erstens dem „policy network“: Dies wird zur Bestimmung von möglichen und guten Zugkandidaten verwendet. Dieses künstliche neuronale Netz wurde mit einer enorm großen Anzahl an Partien trainiert.
– Zweitens das „value network“: Dies wird zur Bewertung von Positionen eines jeden Zugkandidaten verwendet. Und zuletzt einer Monte Carlo Baumsuche: Hierbei werden alle Varianten aus den vorausgegangenen Komponenten kombiniert, evaluiert und der auszuführende Zug ausgegeben.
HINWEIS: Bei der großen Partie lief Alpha Go auf einem Rechenverbund aus über 1900 CPUs und 280 GPUs. Dadurch wird klar, was für eine enorme Rechenleistung nötig ist, damit eine KI auch produktiv zuverlässig funktioniert.

MICROSOFT TAY (2016)

 

Microsofts Tay erhielt Bekanntheit durch negative Schlagzeilen. 2016 veröffentlichte Microsoft den Twitter-Chatbot „Tay“. Dieser sollte sich dem Twitter-Ökosystem bedienen und selbst Tweets verfassen können. Hierbei twitterte Tay anfangs belanglose Sachen über Prominente oder Horoskope. Jedoch nach ein paar Stunden musste Microsoft bereits in den Code eingreifen, da Tay sich in eine extreme Richtung entwickelte. So verbreitete Tay rassistische und extremistische Aussagen und wurde letztendlich nach nur 16 Stunden und 96 000 Tweets von Microsoft offline genommen.

Hieraus entwickelte sich eine interessante Diskussion darüber, inwieweit die Meinungsfreiheit auch für KI gilt oder gelten sollte.

GOOGLE DUPLEX (2018)

 

Google Duplex ist eine Erweiterung für den Google-Assistant, welche das erste Mal sehr nah an den menschlichen Gesprächsfluss kommt und aktiv menschliches Verhalten imitieren kann. So kann dieser künstlichen Intelligenz Aufgaben gegeben werden, wie einen Termin beim Frisör auszumachen und die KI erkennt selbst, wann sie im Salon anrufen kann, und führt das Telefonat, mittels Spracherkennung auf der einen Seite und Sprachimitation auf der anderen Seite, durch. Das Besondere ist, dass die KI auch eher unterbewusste Elemente der menschlichen Kommunikation aktiv nutzt, wie Lückenfüller „Ähm“ oder „Mhm“ oder stimmlich flexibel auf die Antworten des Ladens reagiert, wie es ein Mensch tun würde.

OPEN AI GPT-3 (2020)

 

Als letzten Meilenstein ist noch Open AI mit GPT-3 zu nennen. Open AI ist ähnlich zu DeepMind eine Forschungs- und Entwicklungsfirma, die sich auf die KI-Entwicklung spezialisiert hat. Open AI hat hierbei GPT-3 entwickelt. Dies ist eine der stärksten KI, welche natürliche Sprache analysieren und interpretieren kann. So kann GPT-3 eine Frage oder Aufgabe in Textform gestellt werden und GPT-3 versucht diese zu beantworten bzw. zu lösen. Ein recht aktuelles Beispiel hiervon ist, dass GPT-3 die Aufgabe gestellt wurde, ein Forschungspapier über sich selbst zu verfassen. Das hat GPT-3 auch umgesetzt und das Paper ist aktuell in der Korrektur von Professoren und Forschern. Von derselben Firma ist zum Beispiel auch DALL-E eine KI die Text zu Bildern umwandeln kann.

Wirft man einen Blick in die Nachrichten sieht man immer wieder Neuigkeiten über verschiedenste Projekte in Bezug auf künstliche Intelligenz. Über den aktuellen Trend von künstlicher Intelligenz gibt der „KI- Monitor“ einen wissenschaftlich aussagekräftigen Einblick. Dies ist ein jährliches Gutachten im Auftrag des Bundesverbands für digitale Wirtschaft e.V.. Hierbei werden verschiedenste Bereiche, Faktoren, Kennzahlen und Aspekte betrachtet, analysiert und ausgewertet. Hier exemplarisch der Trend der Bekanntheit von künstlicher Intelligenz, der Anzahl an Stellenausschreibungen in diesem Gebiet, die Anzahl an Patentanmeldungen mit KI-Bestandteilen und der Unternehmenseinsatz von künstlicher Intelligenz über die letzten drei Jahre:

Abbildung: KI-Bekanntheit, KI-Stellenanzeigen, KI-Patentanmeldungen und KI-Einsatz in Unternehmen 2021
Quelle: In Anlehnung an KI-Monitor 2021 des Bundesverbands für digitale Wirtschaft e.V.

Hierbei ist in allen gezeigten Bereichen ein steigender Trend bemerkbar. Der „KI-Monitor“ bündelt zudem alle betrachteten Bereiche, Kennzahlen und Aspekte und verarbeitet diese zu einem umfänglichen KI-Index.

Abbildung: KI-Index 2021
Quelle: In Anlehnung an KI-Monitor 2021 des Bundesverbands für digitale Wirtschaft e.V.

Dieser zeigt ebenfalls den steigenden Trend von künstlicher Intelligenz über die letzten Jahre. Folglich wird das Gebiet der künstlichen Intelligenz immer größer, immer mehr Personen werden mit diesem Gebiet in Kontakt kommen und es wird ein immer wichtigeres Gebiet der Informatik.

7. FAZIT ZU KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

1. Künstliche Intelligenz ist ein steigender Trend und es werde immer mehr Personen mit dieser Technologie Berührungspunkte haben. Vor allem in der Informatik wird dieser Trend nicht vernachlässigbar sein.

2. Künstliche Intelligenz ist nicht gleich künstliche Intelligenz. Künstliche Intelligenz ist deutlich differenzierter als in gängigen Medien beschrieben und es gibt kleine, aber feine Unterschiede zwischen maschinellem Lernen, künstlicher Intelligenz oder Deep Learning.

QUELLEN:
1. Büchel J. / Demary V. / Goecke H. / Kohlisch E. / Koppel O. / Mertens A. / Rusche C. / Scheufen M. / Wendt J. (2021). KI-Monitor 2021 
2. Zhang C., Lu Y. (2021). Study on artificial intelligence: The state oft he art and future prospects
3. Haenlein M., Kaplan A. (2019). A brief history of artificial intelligence: On the past, present, and future of artificial intelligence
4. LeCun Y., Bengio Y., Hinton G. (2015). Deep learning
5. Mitchell T.M. (1997) Machine Learning